Samstag, 28. Dezember 2013

Miguel Abrantes Ostrowski: Sacro Pop

Sacro Pop
Miguel Abrantes Ostrowski


Taschenbuch: 174 Seiten
Verlag: Klartext-Verlagsges. (1. Februar 2004)
ISBN-13: 978-3898613118


Klappentext

Pater Franz Edelbrück. An ihn musste ich denken. Zu Beginn meiner Internatszeit fragte er mich, ob ich überhaupt wüsste, was Rock‘n Roll heißt. Ich antwortete: Rock‘n Roll heißt soviel wie - rocken und rollen. Darauf er: Du hast überhaupt keine Ahnung! Rock‘n Roll heißt nichts anderes als ficken.

Miguel Abrantes Ostrowski zeichnet ein gnadenlos ironisches Portrait vom ganz normalen Wahnsinn in einem katholischen Elite-Internat. Voller Witz und Charme lässt er den Leser hinter die Kulisse schauen. Sein Report ist ein sanfter Schocker und anders als alles bis dahin Gehörte.


Frankys Kritik

Ok, hier habe ich bei der Vorauswahl mal so richtig daneben gegriffen ... Aber ich möchte euch auch nicht vorenthalten, wenn mir ein Buch mal so gar nicht gefallen hat.

Eines gleich vorweg: Dieses Buch zeigt auf, wie man es macht. Nein, nicht wie ein interessanter Report geschrieben wird, doch dazu später mehr. Es ist ein Paradebeispiel dafür, wie Werbung funktioniert: Man nehme ein knalliges Zitat, geradezu hingerotzt und in einen reißerischen Kontext gebracht. Dazu ein Cover mit anstößigem Blickfang. Fertig ist der skandalträchtige Schuljungen-Report.

Große Anforderungen an den Leser stellt der Autor ebenso wenig wie an sich selbst. In siebzehn kurzen Kapiteln, geschrieben in einfacher Sprache, wird über die pubertären Eskapaden einiger Internatsschüler geplaudert und sich im zotigen Stil lustig gemacht. Allerdings ist dieser Humor leider absolut nicht der meine. Bei einigen Passagen geriet der Lesefluss jedoch ins Stocken und ich hoffe, dass ich besten Falles den Witz einfach nicht verstand habe, oder die satirische Überhöhung dem Autor einfach nur in die Hose gegangen ist. Ansonsten würden ich manche Textstellen bereits als rassistisch, arrogant oder infantil bezeichnen.

So wenig sich das Buch um eine zusammenhängende Geschichte bemüht, oder die Charakterisierung der einzelnen Protagonisten für notwendig erachtet, so selten finden sich in den Episödchen auch Beschreibungen des Internatslebens abseits von Wichsfantasien und bemüht aufrecht erhaltener Heterosexualität.

Dabei windet sich der Autor in seinem Bemühen, alle realen Bezüge zu tilgen und Namen zu verschleiern, an der Grenze zu den Gefilden der "Lümmelfilme", um keinesfalls irgendwo anzuecken oder ein Wort zu viel von sich zu geben. So begnügt sich die Beschreibung von eventuell existierendem Missbrauch auf die begierigen Blicke der Padres und dem Schießen von freizügigen Fotos und belässt es auch hier auf einem verharmlosend belanglosen Niveau.

Zusammengefasst möchte man meinen, wenn dies die im Klappentext zitierte heranwachsende Elite Deutschlands beschreibt, wundert mich heute so manches nicht mehr.



Freitag, 18. Oktober 2013

Sergej Lukianenko: Wächter der Ewigkeit

Wächter der Ewigkeit
Sergej Lukianenko

Taschenbuch: 448 Seiten
Verlag: Heyne Verlag (2. April 2007)
ISBN-13: 978-3453522558


Klappentext


 Nach den Bestsellern "Wächter der Nacht", "Wächter des Tages" und "Wächter des Zwielichts" nun der Höhepunkt in Sergej Lukianenkos einzigartiger Mystery-Saga um die sogenannten "Anderen" - Vampire, Hexen, Magier, Gestaltwandler -, die seit ewigen Zeiten unerkannt in unserer Mitte leben.

Längst ist der Friede zwischen den Mächten des Lichts und den Mächten der Dunkelheit zusammengebrochen, und auf Moskaus Straßen tobt eine unerbittliche Schlacht. Da taucht eine rätselhafte Kraft auf, die das Schicksal der Welt für immer entscheiden wird ...

Sergej Lukianenkos Wächter-Romane: eine einzigartige Mischung aus Horror und Fantasy, die als Vorlage für die erfolgreichsten russischen Filme aller Zeiten diente und auch in Deutschland längst Kultstatus erreicht hat.


Frankys Kritik

Es ist wohl keine Überraschung, wenn ich bemerke, dass sich auch Band 4 in drei Geschichten aufteilt. Thematisch befassen sich die Teile diesmal mit der Beschaffenheit des Zwielichts, und um hinter die Geheimnisse zu gelangen, darf Anton sich auf Reisen begeben.

Erste Episode (Die gemeinsame Sache)
Anton soll einen Mord in Edinburgh an einen jungen Russen aufklären, dessen Vater ein Bekannter Gesers, Antons Vorgesetzter aus der Nachtwache, ist. Als sich überraschenderweise auch Sebulon, Leiter der Tagwache, für den Fall interessiert und sogar die Inquisition nicht unbeteiligt zu sein scheint, wird Anton hellhörig und hört bei den Ermittlungen in England vom Kranz der Schöpfung, einem uralten Relikt des Magiers Merlin.

Zweite Episode (Der gemeinsame Feind)
Anton reist nach Usbekistan, wo sich ein alter Anderer aufhalten soll, der Merlin noch persönlich kannte und Informationen über den Kranz der Schöpfung liefern könnte. Unterdessen versuchen drei Abtrünnige, ein Dunkler Vampir, ein Lichter Heiler und ein Kampfmagier der Inquisition, deren Identitäten noch unbekannt sind, das Artefakt an sich zu bringen, weil es angeblich die Macht besitzt, die Barriere zwischen dem Zwielicht und der realen Welt einzureißen.

Dritte Episode (Das gemeinsame Schicksal)
Die Abtrünnigen haben sich zur Ewigen Wache zusammengeschlossen und beabsichtigen Anton zu zwingen, für sie das Rätsel Merlins zu lösen, das den Kranz der Schöpfung verbirgt. Sie vermuten, dass alle gestorbenen Anderen in der sechsten Schicht des Zwielichts verweilen und durch die Zerstörung des Zwielichts mithilfe des Kranzes befreit und ins Leben zurückgeholt werden können.

Bei diesem Band scheiden sich die Geister. Während nicht wenige Leser die Verlagerung der Handlung nach England und Sarmakant als Verlust des russischen Geistes ansehen, vermögen die Ortswechsel in meinen Augen der Geschichte neue Impulse zu verleihen. Die Einblicke in die Wachen anderer Länder und in das Wesen des Zwielichts selbst gestalten diesen vierten Teil abwechslungsreich und bewahren Lukianenko davor, sich womöglich zu wiederholen. Die Handlung um Merlins Kranz der Schöpfung hält die drei Episoden weitaus stärker zusammen, als es die beiden ersten Bände getan haben. Damit gelingt es dem Autor sogar noch stärkere Spannung aufkommen zu lassen, als es im dritten Buch möglich gewesen ist. Die Auflösung mündet in eine Überraschung, kumuliert aber nicht in ein aufwendiges Finale, das das Ende der Wächterreihe kennzeichnen würde. Somit vermutet der Leser einen fünften Teil, den Lukianenko dann auch umgesetzt hat. Freuen wir uns also auf den nächsten Wächterroman. Die Wächter der Ewigkeit haben mir persönlich beim Lesen viel Freude bereitet und die Serien auf hohem Niveau gehalten.



Sonntag, 29. September 2013

Don Rosa: Onkel Dagobert - Sein Leben, seine Milliarden

Onkel Dagobert - 
Sein Leben, seine Milliarden
Don Rosa

Gebundene Ausgabe: 496 Seiten
Verlag: Ehapa; Auflage: 4. (2011)
ISBN-13: 978-3770432455




Klappentext

„Dagobert Duck ist der reichste Mann der Welt!“ Mit diesem Satz beginnt eines der erfolgreichsten Comicepen der 90-er und 2000-er Jahre: Die Biografie des Großkapitalisten und Fantastilliardärs Dagobert Duck aus Entenhausen. Urheber dieses Werks ist der wohl beliebteste aktive Disney-Zeichner, der Amerikaner Don Rosa. Er investierte Jahre der akribischen Recherche und der zeichnerischen Umsetzung, um dieses aus 12 Kapiteln und 8 Zusatzkapiteln bestehende Mammutwerk zu schaffen. Dieses lässt keine Wünsche offen und leuchtet Dagoberts Leben auf mehr als 500 Seiten bis in den letzten Winkel aus. Diese Ausgabe enthält erstmals alle Kapitel aus Rosas Biografie zwischen zwei Buchdeckeln.


Frankys Kritik

Man muss kein Donaldist sein, um dieses Buch zu lieben, es hilft wahrscheinlich aber. Dabei haben die vorliegenden 496 (!) Seiten, gepackt zwischen zwei Hardcoverbuchdeckeln, nun rein gar nichts mehr mit den oftmals belächelten Comicheftchen zu tun. Onkel Dagobert – Sein Leben, seine Milliarden ist ganz großes (Comic-) Erzählkunst und zugleich ganz großes Kino. Dafür ist nicht allein die Qualität der einzelnen Episoden und Geschichten verantwortlich, sondern im großen Maße auch die umfangreiche Detektiv- und Puzzlearbeit, mit der Don Rosa aus Hunderten von Geschichten all die kleinen Details, Erwähnungen und Hinweise zu Onkel Dagoberts Leben zusammengetragen und kombiniert hat, um ein absolut stimmiges biografisches Gesamtwerk vorlegen zu können.

Hinzuweisen ist an dieser Stelle, dass praktisch ausschließlich auf Fakten des Altmeisters Carl Barks zurückgegriffen wurde. Die in Europa höchst populären Lustigen Taschenbücher, meist in Italien gezeichnet, erzählen eigene Hintergründe, teilweise in unterschiedlichsten (sich auf widersprechenden) Versionen und Fakten und blieben deshalb außen vor und unberücksichtigt. Das könnte den einen oder anderen deutschen Leser irritieren, hat er doch andere Zusammenhänge im Gedächtnis, die eben auf diese LTB beruhen.

Rosa hoch anzurechnen ist auch der Umstand, dass er Dagoberts Entwicklung nicht eindimensional gestaltet hat, sondern äußerst facettenreich und auch die dunkle, rücksichtslose Seite der später reichsten Ente der Welt berücksichtigt. Zusammen mit dem Verweben von historischen Fakten, Ereignissen und Personen ergibt sich auf diese Weise eine Glaubwürdigkeit, die selbst Enten zum realen Leben erwachen lassen kann.

Zeichnerisch kann ich mich mit Don Rosas Stil schnell anfreunden, schwelgt er doch geradezu vor Detailreichtum, wie beiläufig erscheinenden Hintergrundgags, die teilweise wiederum selbst Rückbezüge zu anderen Geschichten von Carl Barks aufweisen. Versteckte Gimmicks wie Micky Mäuse in Kakteenform oder Gesteinsformationen, die verborgene Widmung D.U.C.K zu Beginn einer jeden Geschichte und auf jedem Titelbild der Episoden und umfangreiche Text- und Bilddokumente von Don Rosa vervollständigen dieses umfassende Kompendium Onkel Dagoberts, das man nur zu gerne immer wieder aus dem Bücherregal nimmt, um sich darin zu versenken.


Freitag, 13. September 2013

Joseph Olshan: Nachtschwimmer

Nachtschwimmer
Joseph Olshan

Broschiert: 284 Seiten
Verlag: Dtv (1999)
ISBN-13: 978-3423126311


Klappentext
Dieses Buch erzählt vom amerikanischen Großstadtleben der neunziger Jahre an den Schauplätzen New York, San Francisco, Fire Island und Vermont, zwischen Ozean und Landhaus, Disco und Sportstudio. Im Mittelpunkt der Handlung steht die Liebesgeschichte von Will Kaplan und Sean Paris. Beide haben die Verletzungen durch frühere Liebhaber noch nicht überwunden, ihre Beziehung ist ein Auf und Ab zwischen Angst und Vertrauen. Umgeben von Körperkult und Ecstasy, Strandpartys und Eifersuchtsdramen versuchen zwei Männer, zu einer ganz normalen Beziehung zu finden.


Frankys Kritik

Der Roman entspricht vom Stil her einem nahezu endlos anmutenden Brief, den der Ich-Erzähler Will an seinen Geliebten Sean schreibt. Das ist zu Beginn gewöhnungsbedürftig, zieht den Leser dann aber doch in die Figur des Angesprochenen hinein. Die „negativen“ Vorgeschichten der Protagonisten ziehen sich wie Parallelen durch die Geschichte und stellen gleichzeitig auch ihren größten Unterschied dar. Der Eine hat Angst vor dem Verlassenwerden, der Andere davor, sich nicht binden zu können. Beide verspüren den großen Wunsch, sich von der Oberflächlichkeit der schwulen Szene der neunziger Jahre lösen zu können und sind doch in ihr gefangen. So schwankt der Leser ständig zwischen Hoffen und Bangen und der Frage, ob sich der Brief als Liebesbrief oder doch als Abschiedsbrief entpuppen wird.


Samstag, 7. September 2013

Sergej Lukianenko: Wächter des Zwielichts

Wächter des Zwielichts
Sergej Lukianenko

Taschenbuch: 480 Seiten
Verlag: Heyne Verlag (4. September 2006)
ISBN-13: 978-3453531987


Klappentext

 "Wächter des Zwielichts" ist nach "Wächter der Nacht" und "Wächter des Tages" der dritte große Roman in Sergej Lukianenkos Bestsellersaga um die so genannten »Anderen« - Vampire, Gestaltwandler, Hexen und Magier -, die seit ewigen Zeiten unerkannt in unserer Mitte leben. Zwei Organisationen obliegt es, den Frieden zwischen den Mächten des Lichts und den Mächten der Dunkelheit zu erhalten. Doch dieser Friede hat nun keinen Bestand mehr - und auf Moskaus Straßen tobt die entscheidende Schlacht ...


Frankys Kritik

Auch der dritte Teil der Geschichte über die Anderen gliedert sich, wie bereits gewohnt, in drei Teile oder besser gesagt, in drei Episoden. Dieses mal verbindet aber mehr als nur ein roter Faden die drei Geschichten. Damit strebt der Roman unaufhaltsam einem dramatischen Höhepunkt entgegen. Vielleicht ist dies der Tatsache geschuldet, dass Wächter des Zwielichts eigentlich der letzte Teil einer Trilogie werden sollte, doch der Autor noch beim Schreiben den Entschluss fasste, weitere Teile folgen zu lassen. Demzufolge bleiben noch etliche Geheimnisse ungelöst, obgleich das Finale die größte Kraft (gemessen an seinen beiden Vorgängern) bietet. Handlungstechnisch beschäftigt sich Lukianenko dieses Mal auf das Wesen der Anderen und ihre Unterschiede zu den Menschen und die Gemeinsamkeiten.

Erste Geschichte: Niemandszeit
Nachtwache, Tagwache und die Inquisition erhalten die beunruhigende Nachricht, dass ein Mensch in einen Anderen verwandelt werden soll. Hielt man dies bisher zwar für unmöglich, setzen alle drei Institutionen doch ihre Ermittler an den Fall. Die Nachtwache schickt Anton, die Dunklen dessen Freund, den Vampir Kostja und als Inquisitor macht sich Edgar auf den Weg. Bald wird ihnen klar, dass eine Verwandlung nicht nur möglich ist, sondern auch in der Vergangenheit bereits geschehen ist.

Zweite Geschichte: Niemandsraum
Antons wohlverdienter Urlaub wird vom Erwachen der Hexe Arina aus einem 60jährigen Schlaf gestört. Sie soll im Besitz des sagenhaften Fuarans sein, einem Buch, mit dem angeblich die Verwandlung von Menschen in Andere möglich sein soll. Zudem enthält es noch weitere Informationen, die das Wesen der Anderen in einem völlig neuen Licht erscheinen lässt.

Dritte Geschichte: Niemandskraft
Die Enthüllungen des Fuarans, das inzwischen gestohlen wurde, demoralisieren Anton derart, dass er den Dienst bei der Nachtwache quittieren will. Sein Vorgesetzter, der lichte Magier Geser, kann ihn dennoch zum Fortführen seiner Ermittlungen bewegen. Der Dieb des Fuarans scheint für Anton kein Unbekannter zu sein. Unter Mithilfe seines Bekannten Sass aus der ersten Geschichte, der tatsächlich zu einem Anderen geworden ist, versucht Anton den Dieb zu stellen, der mehr beabsichtigt, als nur einen Menschen zu verwandeln.

Die Beschränkung auf Anton als alleinigen Erzähler tut dem dritten Band der Wächterreihe außerordentlich gut, gab sich Teil zwei doch etwas verworren und uneinheitlich. Da inzwischen zwei weitere Bände erschienen sind, erhebt sich beim Leser keine Erwartungshaltung eines endgültigen Abschlusses, was die Wirkung des Finales erhöht, kann er sich doch auf Auflösung der Handlungsfäden dieses Buches konzentrieren, ohne auf endgültige Antworten zu müssen. Die bleiben nach wie vor den späteren Bänden vorbehalten. Ein spannender Band mit vielen melancholischen Anklängen. Ein wirklicher Höhepunkt der Reihe.


Samstag, 31. August 2013

Sergej Lukianenko: Wächter des Tages

Wächter des Tages
Sergej Lukianenko

Taschenbuch: 528 Seiten
Verlag: Heyne Verlag (6. März 2006)
ISBN-13: 978-3453532007



 
Klappentext

Vampire, Gestaltwandler, Hexen, Magier - seit ewigen Zeiten leben die sogenannten "Anderen" unerkannt in unserer Mitte. Und seit ewigen Zeiten stehen sich die Mächte des Licht und die Mächte der Finsternis unversöhnlich gegenüber, zurückgehalten nur durch einen vor Jahren geschlossenen Waffenstillstand. Zwei Organisationen - den "Wächtern der Nacht" und den "Wächtern des Tages" - obliegt es, das empfindliche Gleichgewicht der Kräfte aufrecht zu erhalten. Doch nun droht dieses Gleichgewicht zu kippen und die Welt ins Chaos zu stürzen ...


Frankys Kritik

Der Klappentext ist derselbe wie zum ersten Band. Da hat es sich der Verlag recht leicht gemacht. Lukianenko ebenfalls: Er behält die Dreiteilung bei, wechselt aber die Seite und berichtet dieses Mal überwiegend aus der Sicht der dunklen Anderen.

Geschichte 1: Zutritt für Unbefugte erlaubt
Alissa, dunkle Hexe und ehemalige Geliebte Sebulons, dem Anführer der Tagwache Moskaus, soll sich nach einem Kampf mit der Nachtwache als Betreuerin im Jugendlager Artek erholen und ihre Kräfte zurückgewinnen. Gleiches gilt für den lichten Magier Igor. Ohne von ihrer Herkunft und Zugehörigkeit zu wissen, verlieben sich die Beiden ineinander. Als ihre Kräfte zurückkehren und so ihre Identitäten offenbart werden, bahnt sich ein Drama an.

Geschichte 2: Fremd unter Anderen
Ein Unbekannter ohne Gedächtnis, aber mit einem Koffer voll Geld und ungeahnten Kräften zieht es auf seltsame Weise nach Moskau. Tag- wie Nachtwache werden auf ihn aufmerksam und rätseln gemeinsam, was es mit dem Fremden auf sich hat, dessen Kräfte stetig wachsen. Zugleich wird von Sektierern die Kralle Fafnirs – dem Drachen aus dem Nibelungenlied - nach Moskau getragen. So bahnt sich von mehreren Seite Unheil an.

Geschichte 3: Eine andere Kraft
In Prag tritt die Inquisition zusammen, um im Streit zwischen Lichten und Dunklen den Vorfall zwischen Alissa und Igor aus der ersten Geschichte zu beleuchten und Sebulons Wirken im Zusammenhang mit der Kralle Fafnirs aus der zweiten Episode. Anton, Hauptfigur aus „Wächter der Nacht“ vertritt die Nachtwache und Edgar, dunkler Magier, die Interessen der Nachtwache. In diesem Duell treten Erkenntnisse ans Tageslicht, die die Ereignisse des ersten Buches in einem neuen Licht erscheinen lassen.

Anders als bei den Wächtern der Nacht fungiert der Ermittler Anton dieses Mal nicht als verbindender Ich-Erzähler und er tritt auch erst in der dritten Geschichte in Erscheinung. Aus diesem Grund wirkt das zweite Buch auch noch fragmentarischer als es bereits das Erste getan hat. Lukianenko geht es diesmal mehr darum, die Rolle der Dunklen stärker zu beleuchten und die Inquisition als vermittelnde und kontrollierende Kraft darzustellen.

„Wächter des Tages“ ist damit nicht ganz so stark wie sein Vorgänger, aber allemal faszinierend und – soviel sei bereits vorweggenommen – eine unerlässliche Vorbereitung auf den nächsten Band.


Sonntag, 25. August 2013

Alec Cedric Xander: Secret Love

Secret Love
Alec Cedric Xander

Taschenbuch: 512 Seiten
Verlag: Production House GmbH 
Abtl. Himmelstürmer Verlag (24. Januar 2012)
ISBN-13: 978-3863610883


Klappentext

Das Leben verläuft nicht immer nach Wunsch.

Ein verzweifelter Schüler, der sich auf tragische Art und Weise das Leben nimmt, eine alkoholkranke Mutter, die sich einen Dreck um ihren Sohn kümmert, ein homophober Lehrer, der seine Schüler bei jeder Gelegenheit schikaniert und zwei Liebende, die sich nicht lieben dürfen.

Jasons Leben ist alles andere als leicht. Der ungewollt extravagante sechszehnjährige Zehntklässler ist unbeliebt, hat Probleme mit seiner schwer depressiven Mutter und verliebt sich dann allen Übels auch noch in seinen neuen Nachbarn Nick. Anfangs zeigt Nick Interesse, doch das ändert sich nach einem kleinen Zwischenfall schnell. Plötzlich scheint Nick mit seiner Klassenkameradin Karuna, die Jason und seine beste Freundin Anna keineswegs leiden können, zusammen zu sein. Sie küssen sich, fummeln vor seinen Augen miteinander herum und Nick lässt die Beleidigungen, die seine Freundin Jason an den Kopf wirft, auch noch zu. Doch schnell wird klar, dass es einen Grund für Nicks seltsames Verhalten gibt. Ricardo, Nicks Vater. Er versucht alles, um seinen Sohn von Jason fernzuhalten und ihm ist es egal, was Nick will oder empfindet. Was er sagt, ist Gesetz und wer nicht gehorcht, der wird bestraft …


Frankys Kritik

Der junge Autor hat mit Secret Love sein Erstlingswerk herausgebracht, das, durchaus spannend und unterhaltend daherkommt.Somit sind selbst die gut fünfhundert Seiten schnell gelesen. Kritik möchte ich hauptsächlich bei drei Punkten anbringen:

Der größte Kritikpunkt besteht darin, dass der Autor zu viel auf einmal möchte. Mobbing in der Schule, Amoklauf, Suizid, alkoholkranke Mutter, prügelnder Vater, homophobe Lehrer und noch vieles mehr – die Vielzahl überfrachtet die Geschichte und dabei verbleibt der Autor bei allen Themen nur an der Oberfläche. Das wirkt dann stellenweise leider klischeehaft und auch wenig glaubwürdig.

Dazu tragen auch einige sprachliche und erzähltechnische Defizite bei. Dialoge verharren ein ums andere Mal in Belanglosigkeiten. Der Autor beschränkt sich auf die Beschreibung des Alltäglichen, anstatt uns die Gedanken- und Gefühlswelt der Protagonisten näherzubringen. Dadurch ergeben sich auch einige Wiederholungen (in der Klassengemeinschaft, zwischen Schüler und Lehrer, in der Clique untereinander), die die Geschichte ausufern lassen ohne sie weiterzubringen. Der fünfte verbale Angriff eines Lehrers, die siebente Züchtigung durch den Vater, der zehnte Tränenausbruch eines gedemütigten Jungen, ohne Konsequenzen der handelnden Personen oder Reflexionen über das Verharren in stereotypen Mustern.

Das häufige Wechseln der Erzählperspektive, auch innerhalb eines Absatzes oder sogar Satzes trägt nicht zur Übersichtlichkeit bei, was des öfteren auch für die ultra knapp gehaltenen Dialoge gilt, die sich, teilweise nur aus einzelnen Worten oder Satzfragmenten bestehend, über die Seiten schlängeln.

Trotz alldem, und das möchte ich an dieser Stelle extra betonen, zieht die Geschichte seinen Leser in den Bann. Vergleichbar mit einer Seifenoper verleibt man sich ein Kapitel nach dem anderen ein, um zu erfahren, wie die Geschichte weitergeht. Schade ist, dass die Geschichte so viel mehr Potenzial besitzt, das unausgeschöpft bleibt und sich der Autor stattdessen mit einem Zuviel an Drama umgibt. Manchmal ist weniger einfach mehr.



Sonntag, 18. August 2013

Frank Goyke: Der kleine Pariser

Der kleine Pariser
Frank Goyke

Taschenbuch: 161 Seiten
Verlag: Goldmann (1999)
ISBN-13: 978-3442442225


Klappentext

Dietrich Kölling ärgerte sich. Ihn langweilte es, am Schreibtisch zu sitzen, ein Pult mit Telefonen zu hüten und Papiere zu sortieren. Aber Verbrecher langweilten ihn auch, ihr Geschwätz von der grausamen Kindheit, mit dem sie sich zu Opfern erklärten, all ihre Rechtfertigungsversuche und Verharmlosungsstrategien. Das Sächsisch des Anrufers brachte ihn auf die Palme.

Dietrich Kölling stammte aus Hannover und hasste das schmutzige und kaputte Leipzig, in das es ihn verschlagen hatte, weil die Politiker unbedingt Polizisten aus Westdeutschland an die Ostdeutschen verschenken wollten, er hasste diese Stadt, in der der verzweifelte Beamte versuchte, das aufzuklären, was verzweifelte Menschen anderen Verzweifelten angetan hatten.


Frankys Kritik

Die Krimireihe um den Kripo-Kommissar Kölling zählt bereits acht Bände. Dies ist das erste Buch und damit auch der erste Fall des mürrischen, übergewichtigen Polizisten. Zwei Morde, beides Gäste einer Leipziger Schwulenbar, beschäftigen Kölling. Der dritte Mord steht kurz bevor. Das zukünftige Opfer: ein schmächtiger Strichjunge mit französischen Wurzeln entgeht dem ersten Angriff, wagt es aufgrund seiner Lebensumstände aber nicht, sich an die Polizei zu wenden und handelt auf eigene Faust.

Ein kurzer Roman, der weniger durch Spannung, als vielmehr von dem Wechsel der Perspektiven fasziniert und den Leser bis hin zum überraschenden Ende bei der Stange hält. Die Figuren des Kommissars und seinem Kollegen Becker bleiben noch ein wenig blass und verhalten im Hintergrund, haben aber in den nächsten Büchern noch genügend Zeit und Raum, um sich zu entfalten. Hier stellen sie die Staffage für die zahlreichen Widersprüche und Gegensätze: Ost-Polizei / West-Kommissar, Täter / Opfer, Stricher / Freier, Moral / Moral (?).

Der Krimi liest sich flott weg, die Aussprüche Köllings sind höchst amüsant, das Sujet ist interessant gewählt und nach Abschluss des Falles (der nicht unbedingt jedermanns Sache ist) bleibt man ein wenig irritiert zurück. Man wünscht man sich, mehr zu lesen, weil man im Grunde zu wenig von allem erfahren hat. Doch da kann der Autor rasch weiterhelfen, denn sieben Fälle liegen noch vor Kölling.



Mittwoch, 14. August 2013

Inger Edelfeldt: Jim im Spiegel

Jim im Spiegel
Inger Edelfeldt

Taschenbuch: 245 Seiten
Verlag: Ravensburger Buchverlag;
Auflage: 1 (1. März 1998)
ISBN-13: 978-3473580545


Klappentext

Statt eines Klappentextes die Begründung der Jury für den deutschen Jugendbuchpreis 1986:

Jim ist ein Außenseiter, der viel zu erleiden hat, obwohl seine Schulleistungen glänzend sind. Bis zum Abitur findet er niemanden, dem er sich mit seinen Problemen anvertrauen könnte. Doch dann taucht ein älterer Freund auf, der ihn liebt und sich bemüht, Jims Selbstbewusstsein zu stärken. Das kenntnisreiche und einfühlsame Buch gestattet tiefe Einblicke in das Empfinden eines jungen Homoerotikers.

Ein Roman, der ein in unserer Jugendliteratur bisher fast tabuisiertes Thema überzeugend gestaltet. (Ab 15)


Frankys Kritik

Allein die Wortwahl „jungen Homoerotikers“ lässt mich tief durchatmen im Mief der 80er Jahre. Löblich, dass es für dieses Buch überhaupt den Jugendbuchpreis gab. Trotzdem möchte ich es dem heutigen Coming Out geplagten Jugendlichen nicht unkommentiert in die Hand drücken. Denn dieses Buch zeigt eigentlich konsequent auf, was beim Coming Out – und dem Weg dorthin – alles schieflaufen kann. Klassenkameraden, Eltern, Lehrer, Psychologen, in „Jim im Spiegel“ versagen sie alle durch die Bank und man möchte viel eher diesen Personen dieses Buch in die Hand drücken, um ihnen vor Augen zu führen, wofür ihr Handeln verantwortlich ist. Denn Jims Geschichte ist ein langer Leidensweg, aus dem er erst mit der eigenen, hart erkämpften Emanzipation, dem Auszug aus dem Elternhaus und dem Bruch der gesellschaftlichen Konventionen einen Ausweg findet. Das Ende der Schulzeit, das Erreichen der Volljährigkeit und das damit verbundene Erlangen erstmaliger Selbstbestimmtheit bieten Jim eine Wahl und die Möglichkeit der Selbstfindung. Ein Vorgang, der ihm in all den Jahren seiner Kindheit und Jugend nicht gestattet war.

Formal beginnt jedes Kapitel mit einem kurzen Statement von Jims Mutter, die die jeweils anstehenden Ereignisse und Begebenheit aus ihrer Blickweise vorab kommentiert, eine Sicht, die meist durch Jims Bericht über diesen Lebensabschnitt demontiert wird. Schön, dass kein Auslöser, keine Ursache, kein Grund für Jims Homosexualität herangezogen wird. Ein Umstand, der in den beginnenden 80ern keinesfalls selbstverständlich war. Es ist ergibt sich für Jim über der Jahre von Kindheit und Jugend auch kein langsamer Erkenntnisprozess, sondern ein allmähliches und kaum wahrnehmbares Hereinwachsen in eine schon immer vorhandene Realität.

Da ihm jedwede Unterstützung von Elternhaus und Schule ebenso fehlt, wie das Vorhandensein irgendwelcher Freundschaften – mediale Informationen zu diesen Thema waren in jener Zeit faktisch nicht existent, flüchtet sich Jim freiwillig in die Außenseiterrolle eines Strebers. Aufkommenende Ahnungen schottet er konsequent vor sich ab. Erst als er nach Abschluss der Schule gezwungen ist, sein Leben irgendwie neu zu ordnen, lässt er ganz unerwartet eine Liebesbeziehung zu einem älteren Jungen zu, die ihm schließlich die Möglichkeit zum Ausbruch bietet.

Eine Geschichte, die auch heute noch schwer im Magen liegt, anschaulich geschrieben und mit einem noch heute gültigen Realismus versehen. Kein Wohlfühlbuch, aber ein Buch, dass sich immer noch zu lesen lohnt.



Dienstag, 6. August 2013

Ralf König: Elftausend Jungfrauen

Elftausend Jungfrauen
Ralf König

Gebundene Ausgabe: 192 Seiten
Verlag: Rowohlt; Auflage: 1. (21. September 2012)
ISBN-13: 978-3498035587


Klappentext

Mit sage und schreibe elftausend Jungfrauen geht die britannische Prinzessin Ursula um 300 nach Christus auf große Fahrt gen Rom, weil sie standhaft keusch bleiben und nicht heiraten will. Und das soll bitte schön der Papst absegnen! Die Rückreise führt die Mädels den Rhein entlang nach Colonia, und wie der liebe Gott es so will: Die Stadt wird gerade belagert von den gefürchteten Hunnen, die in Sachen Benimm gegenüber Frauen recht ungeübt sind … Der Legende zufolge erlitten die frommen Jungfern vor den Toren Kölns das Martyrium. Ralf König fügt den zahlreichen Legendenversionen um die Schutzheilige der Stadt mit seinem neuen Comic eine weitere hinzu, gewürzt mit sozialethisch desorientierten Heiden, sadomasochistischen Klosterbrüdern und wohlgeformten Barbaren, und den Jungfrauen blubbern die Hormone vor lauter christlichem Keuschheitsgelübde aus den 22 000 Nasenlöchern.


Frankys Kritik

Trotz Rowohltverlag, in welchem dieser Comic als Hartcover erschien, gibt sich Ralf König recht explizit. Nachdem der Autor und Zeichner sich in seiner letzten Trilogie theologischen Themen zugewandt hatte, bleibt er in diesem Buch dem Sujet grundsätzlich treu, spricht aber vor allen Dingen die Sex- und Lustfeindlichkeit der katholischen Kirche an, mit all ihrer Doppelmoral und Triebersatz in Form von sadomasochistischer Selbstgeißelung. Die Legende der heiligen Ursula nimmt König zum Anlass, um Nonnen und Priester aufs Korn zu nehmen und ganz nebenbei die Entstehung des Kölner CSD ins 4. Jahrhundert vorzuverlegen. Das alles ist natürlich nicht bierernst zu nehmen und auf die satirische Spitze getrieben, lässt sich aber genauso mit Vergnügen delektieren, wie seine Geschichten aus der schwulen Szene.

Zeichnerisch empfinde ich die in Grautönen gehaltene Kolorierung sehr gelungen und zum Thema passend. Auch gelingt es König mit diesem Band, wieder ein paar neue Knollennasentypen aus der Feder zu schütteln. Selbst die Hintergründe, ob Landschaft oder Architektur lassen die Blicke zwischen den manchmal beachtlich umfangreichen Sprechblasen schweifen. Die textlichen Überleitungspassagen zwischen den Kapiteln im Kölner Dialekt lassen sich zwar nicht immer einfach lesen, spätestens beim lauten Vorlesen erschließt sich aber ihr komödiantischer Sinn.

Zusammengefasst ein ungewöhnlicher König, aber trotz allem ein typischer, der zwar keine Lachstürme entfesselt, den Leser aber anhaltend kichern lässt. 



Mittwoch, 31. Juli 2013

Sergej Lukianenko: Wächter der Nacht

Wächter der Nacht
Sergej Lukianenko

Taschenbuch: 528 Seiten
Verlag: Heyne Verlag (2. September 2005)
ISBN-13: 978-3453530805


Klappentext

Seit Menschengedenken gibt es die sogenannten »Anderen«: Vampire, Gestaltwandler, Hexen, Schwarzmagier. Unerkannt leben sie in unserer Mitte und sorgen dafür, dass das Gleichgewicht zwischen den Dunklen Anderen und den Hellen Anderen gewahrt bleibt. Zwei Organisationen, den »Wächtern der Nacht« und den »Wächtern des Tages«, obliegt es, den vor langer Zeit geschlossenen Waffenstillstand zu überwachen und jegliche Verstöße zu ahnden. Doch es heißt, dass ein mächtiger Anderer kommen wird, der die Fähigkeit besitzt, das Gleichgewicht der Kräfte für immer zu verändern. Und sollte er sich auf die Seite des Bösen schlagen, würde dies die Welt ins Chaos stürzen ...


Frankys Kritik

Ich hatte den gleichnamigen Film gesehen, der mir wegen seiner Andersartigkeit zum Hollywood-Einerlei und seiner großartigen Atmosphäre sehr gefallen hatte. Was lag also näher, als sich auch der Romanvorlagen anzunehmen?

Das Buch gliedert sich in drei Geschichten, deren Zusammenhänge sich nicht auf den ersten Blick erschließen, auch wenn der Hauptprotagonist Anton (und Ich-Erzähler) in allen drei Storys derselbe ist. Das liefert dem Leser den Vorzug von drei Spannungsbögen und drei Höhepunkte, wobei erst der dritte Aufschluss über die Zusammenhänge innerhalb der drei Geschichten liefert. Wobei Lukianenko die Spannung bis auf die letzten Seiten hin auszukosten vermag, was den Leser fordert, gegen Ende besonders aufmerksam zu lesen, um die nicht immer einfachen Handlungsauflösungen zu durchblicken.

In der ersten Geschichte „Das eigene Schicksal“ soll der Ermittler der Nachtwache, Anton, den Jungen Jegor vor einem wildernden Vampierpärchen beschützen, da dieser womöglich der prophezeite mächtige Andere sein könnte. Dabei begegnet Anton durch Zufall eine mit einem Fluch beladene Frau. Dieser Fluch scheint derart mächtig zu sein, dass er eine globale Katastrophe auslösen könnte.

In der zweite Geschichte „Der eigene Kreis“ wird Anton für Morde an dunklen Anderen beschuldigt, die aber von einem bislang unbekannten Anderen verübt wurden, der noch keiner Seite zugehörig ist. Anton tauscht mit der Zauberin Olga die Körper, um unbehelligt weiter ermitteln zu können und findet heraus, dass der Junge Jegor das nächste Ziel des Mörders sein könnte.

Die dritte Geschichte „Im eigenen Saft“ führt das Buch zum großen Finale, in dem Jegors Zukunft durch die Schicksalkreide umgeschrieben werden könnte, sodass er wirklich zum erwarteten Erlöser für die lichten Anderen werden würde. So entbrennt ein erbitterter Kampf um jene Kreide, der eine überraschende Lösung des Konfliktes bereithält.

Dass Gut und Böse nicht unbedingt mit Dunkel und Hell übereinstimmen muss, hebt sich bereits schnell wohltuend hervor, macht dem Leser eine Identifizierung aber nicht unbedingt leichter. Zudem breitet Lukianenko eine völlig eigenständige Welt aus, in die der Leser einzutauchen vermag, wenn er bereit ist, sich darauf einzulassen. Im Mittelpunkt steht das Zwielicht, eine Art Parallelwelt, die sich durch den Eintritt in den eigenen Schatten betreten lässt – wenn man ein Anderer ist – und aus der die Anderen ihre Kräfte schöpfen. Die vielfach angestellten Vergleiche mit Herr der Ringe sind völlig an den Haaren herbeigezogen und auch mit einem Harry Potter haben die Wächter außer der magischen Begabung rein gar nichts zu tun. Im Gegenteil. Lukianenko beschäftigt sich auch auf der Seite der Anderen hauptsächlich mit den grundsätzlichen Fragen des Lebens und der Existenz. Das gestaltet das Buch weit weniger phantastisch, als sich die Geschichte im ersten Moment anhören mag, und gibt dem russischen Realismus mehr Spielraum als exotischer Fantasy, was ich persönlich als äußerst angenehm empfinde. So fieberte ich der Fortsetzung mit großer Erwartung entgegen.

Verfilmt unter dem Buchtitel „Wächter der Nacht“ wurde im Übrigen nur die erste Geschichte dieses Buches, dazu noch relativ frei. Die Handlung der zweiten und dritten Geschichte wurde im Fortsetzungsfilm „Wächter des Tages“ verfilmt, der somit zwar den Titel des zweiten Wächterromans Lukianenkos trägt, mit diesem aber überhaupt nichts zu tun hat.



Mittwoch, 24. Juli 2013

Simon Rhys Beck: Jungs sind auch Mädchen

Jungs sind auch Mädchen
Simon Rhys Beck

Taschenbuch: 144 Seiten
Verlag: Production House GmbH - 
Abteilung Himmelstuermer;
Auflage: 1., Aufl. (1. September 2003)
ISBN-13: 978-3934825314


Klappentext

Robbie ist 15 und schwul. Aber das ist nicht sein Problem. Er hat einen tollen Bruder, nette Freunde und verständnisvolle Eltern. Sein Problem ist ˆ Yan. Der neue Junge in seiner Klasse. Denn wenn Yan in der Nähe ist, hat Robbie Herzrasen und weiche Knie. Zu allem Überfluß traut er sich nicht, Yan anzusprechen, und es passieren eine ganze Menge größere und kleinere Katastrophen. Als Yan schließlich erfährt, wie Robbie für ihn empfindet, verstrickt er ihn in ein merkwürdiges Spiel, in dem offensichtlich nur er die Spielregeln kennt. Und erst als Robbie alles auf eine Karte setzt, versteht er, was mit Yan los ist. Der hat nämlich Angst ...


Frankys Kritik

Wieder mal ein kurzes Buch, das sich flott und einfach lesen lässt. Als Jugendbuch durchaus geeignet, auch wenn der Autor an keiner Stelle ein Blatt vor den Mund nimmt. Auch aus diesem Grund wirkt die Geschichte erfrischend direkt. Ein anderer Rezensent schrieb einmal: „Vielleicht zu schön für die Realität“, und dem kann ich mich nur anschließen. Denn Robbie erhält sowohl von Bruder, Eltern als auch seinen beiden besten Freundinnen verständnisvolle Rückendeckung. So ist „Jungs sind auch Mädchen“ keine Coming Out Buch im eigentlichen Sinne, sondern eher eine Geschichte über die (erste) Liebe, die hier auch mal unter Jungs erzählt werden darf. Dass dabei auch die Eckpunkte schwuler (In-)Toleranz berührt werden, ist leider nur natürlich, denn die Gesellschaft ist auch heute noch nicht so weit, wie es Robbies Familie bereits ist. Insgesamt ein Buch, das sich mit Vergnügen lesen lässt.



Dienstag, 16. Juli 2013

Christian Kleinau: Eine Woche MafiaN@t



Eine Woche MafiaN@t
Christian Kleinau

Broschiert: 277 Seiten
Verlag: Fischer Rita G.; Auflage: 1., Aufl. (25. Januar 2008)
ISBN-13: 978-3830111245


Klappentext

Michel, ein elfjähriger Junge der in einer Kleinstadt im Ruhrgebiet lebt, hat sich im IRC-Chat zu einem Treffen verabredet. Obwohl er Mike nur aus dem anonymen Chat kennt, entschließt er sich dennoch ihn zu treffen. Hat sein Tag ganz normal begonnen, so endet der Tag gänzlich anders, als er es vorhergesehen hat. Zuerst scheint seine Verabredung mit Mike ganz normal zu verlaufen, bis zu dem Moment wo Michel sich entschließt, ihn in seine Wohnung zu begleiten. Von dort wird er nach Belgien entführt und muss erkennen, dass er sich in den Fängen einer internationalen Organisation befindet, die professionell mit Kindern, Waffen und Drogen handelt. Nachdem er sich fast aufgegeben hat, wird ein weiterer Junge entführt und zu ihm in das Verlies gebracht.....


Frankys Kritik

Das Positive zuerst: Spannend ist der im Selbstverlag (Rita G. Fischer ist ein Druckkostenzuschussverlag, bei dem der Autor die Veröffentlichung und den Druck seiner Bücher aus eigener Tasche bezahlt) herausgebrachte Roman durchaus. Auch die Geschichte und das Setting geben sich interessant und können fesseln.

Dass die Geschichte eher für jugendliche Leser gedacht ist, erfährt man allerdings nur auf der Homepage des Autors. Das erklärt zumindest die sehr einfach gehaltene Sprache, entschuldigt aber nicht die Defizite des textlichen Aufbaus. Sehr häufig verzichtet der Autor auf Beschreibungen und beschränkt sich auf die Nennung von Markennamen von Kleidung und Autos, oder belässt es bei einfachen Vergleichen: „sieht aus wie Jake Lloyd in Star Wars“. Auch der Versuch, in Wörtlicher Rede die Sprache eines Elfjährigen darzustellen, wirkt stellenweise ebenso bemüht, wie die dargebotene Gedankenwelt des Jungen. Einerseits als hochintelligent beschrieben vermisst der Leser diese Eigenschaften doch öfters in Worten und Taten des Jungen. So manche Entscheidung und Handlung des entführten Jungen erübrigen sich in seiner gebetsmühlenartig wiederholten Erklärung, er hätte es ja versprochen.

Es gelingt dem Autor auch leider nicht, die handelnden Personen zu jeweils eigenständigen Figuren wachsen zu lassen. Zu häufig ähneln sich die Individuen innerhalb der Gruppen, sind untereinander austauschbar. Das nimmt der Geschichte und den Protagonisten damit auch die Möglichkeit, sich zu entwickeln und innere Konflikte zu erkennen und zu lösen. Deshalb bleibt der Roman weit mehr an der Oberfläche eines – zugegeben – spannenden Abenteuers, als es das Thema zugelassen hätte. Das ist schade, denn die Geschichte hätte größeres Potential.











Dienstag, 9. Juli 2013

Doris Lessing: Ben in der Welt

Ben in der Welt
Doris Lessing

Gebundene Ausgabe: 256 Seiten
Verlag: Hoffmann und Campe (März 2000)
ISBN-13: 978-3455043945


Klappentext

Die Fortsetzung des Romans "Das fünfte Kind": Ben, das fünfte Kind der Lovatts, war ein aggressiver, destruktiver Junge. Seine Mutter versuchte seine tyrannische Wut zu bändigen, doch am Ende stand die Zerstörung der Familie, und Ben zog mit einer Gruppe gewalttätiger Jugendlicher hinaus in die Welt. Nun ist Ben erwachsen geworden. Allein und unfähig, auf sich gestellt sein Leben zu bewältigen, ist er ein hoch explosives Bündel aus ungestillten Bedürfnissen und Frustrationen. Er fühlt sich orientierungslos und hasst die Menschen, obwohl er Nähe sucht. Sein Außenseitertum wird jedoch von wenig skrupulösen Geschäftsleuten schamlos ausgenutzt, denn seine kindliche Gier macht ihn angreifbar und zugleich verletzlich.


Frankys Kritik

Und nochmal eine Fortsetzung. Zumindest wusste ich diesmal, worauf ich mich einzulassen hatte. Im Vorgängerbuch verließ Ben seine Familie mit vierzehn Jahren, als er sich einer gewalttätigen Jugendgang anschloss und so verloren wir ihn aus den Augen. Nun sind vier oder fünf Jahre vergangen. Ben ist inzwischen 18 Jahre alt – wenn man seinen eigenen Aussagen Glauben schenken kann – wird aber von jedermann für über 30 gehalten. Wir erfahren von seinen Bemühungen, sich in die Gesellschaft zu integrieren, und von seinem ständigen Scheitern. Seine überbordenden Aggressionen hat Ben unterdessen unter Kontrolle bekommen, auch wenn es für ihn einen ständigen und anhaltenden inneren Kampf bedeutet. Anzeichen dafür ist seine unbändiges Verlangen nach Fleisch. Andere Nahrung verweigert Ben fast vollständig.

Damit sind wir auch bereits am Kern der Geschichte angekommen, der sich im Gegensatz zum Vorgänger allein um Bens Situation und die Auswirkung der Gesellschaft auf ihn konzentriert. Beim fünften Kind war es noch die Auswirkung von Ben auf die Gesellschaft. Diese umgekehrten Verhältnisse irritieren anfangs, denn ebenso wie die Autorin im ersten Teil uns Aufschlüsse über Bens Innenleben verweigerte, geht sie in diesem Buch nicht darauf ein, wie es Ben möglich gewesen war, Kontrolle über sich zu erlangen, was man von einer direkten Fortsetzung wahrscheinlich erwartet hätte.

Formal und sprachlich gibt es keine großen Unterschiede zum ersten Teil. Auch in Ben in der Welt versagt uns die Autorin Kapitel und spart mit jeglicher Textformatierung. Dafür hat sie eine Vorliebe für überaus komplexe Satzgebilde entwickelt. Da darf sich schon mal ein einzelner Satz auf Seitenlänge dahinschlängeln. Trotzdem gelingt es der Autorin die Aufmerksamkeit des Lesers bis zum Schluss hin aufrecht zu erhalten und einen weitreichenden Spannungsbogen zu erzeugen. Interessant ist auch die Einführung von Nebenfiguren, die, wenn sie ihre textliche Aufgaben erfüllt haben, mit ein paar wenigen Sätzen - manchmal reicht auch schon ein Nebensatz - wieder aus der Geschichte entfernt werden. Auf diese Weise konzentriert sich die Autorin immer wieder aufs Neue auf den eigentlichen Protagonisten, der immer mehr seine Rolle als - und das wird schnell klar - tragischer Held ausfüllt.
 


Mittwoch, 3. Juli 2013

Justin C. Skylark: Träume ... alles anders / Leere Augen

Träume ... Alles anders / Leere Augen
Justin C. Skylark
Broschiert: 230 Seiten
Verlag: dead soft verlag;
Auflage: 3., Aufl. (März 2003)
ISBN-13: 978-3934442160


Klappentext


Das Leben auf der Straße hat für Craig und Dawn ein Ende gefunden. Doch die erhoffte Ruhe und eine sorgenfreie Zukunft bleiben dennoch aus...
Unvorhersehbare Ereignisse stellen die Liebe der beiden jungen Männer auf eine harte Bewährungsprobe...


Frankys Kritik


Die Fortsetzung von „Craig’s little Dawn“ fällt erwartungsgemäß unkonventionell aus. Denn endete das erste Buch relativ offen, konnte sich der Autor wohl selbst nicht recht für einen Ausgang des Buches entscheiden, weshalb er mit diesem Buch gleich zwei Fortsetzungen der Geschichte in einem Band präsentiert.

In der ersten – der Happy End Variante - haben Craig und Dawn das Unheil überstanden und stehen vor der Aufgabe, ein gemeinsames Leben in Angriff zu nehmen. Geld verdirbt den Charakter scheint der Autor als Leitfaden gewählt zu haben und tatsächlich droht die Liebe der Beide an dem großen Erbe Craigs zu zerbrechen. Der Rückweg in eine bürgerliche Welt ist nicht nur gespickt mit Schwierigkeiten und Stolpersteinen, sie entpuppt sich auch als nicht moralischer, als das Leben war, das die beiden Jungs hinter sich zu lassen versuchen. In dieser Erzählung wechselt das Sujet vom reinen (Sozial-)Drama hin zu krimihaften Strukturen, die durchaus Spannung aufkommen lassen. Aber durch die Kürze der Erzählung verbleibt das Geschehen nurmehr an der Oberfläche verhaftet.

In der zweiten Variation ist Craig gestorben und Dawn muss ohne seine große Liebe alleine weiterleben. Diese erheblich kürzere Erzählung ist dem Autor deutlich dichter gelungen. Sie weist nicht nur denselben, verzahnten Erzählcharakter des ersten Buches auf, sie setzt auch dessen Stimmung fort und bleibt dem Genre Drama treu. Zudem erscheint es mir die realistischere und konsequentere Fortführung zu sein. Ich vermeide bewusst den Begriff „Fortsetzung“, denn „Leere Augen“ lässt sich eher als Ausklang des ersten Buches verstehen, als Kontinuität des Unausweichlichen. Der Kriminalfall „Alles anders“ wirkt – so sehr man den beiden Charakteren alles erdenkliche Glück auf Erden wünscht – eher als Fremdkörper, das fortgeführte Happy End irgendwie aufgesetzt und unnatürlich. Deshalb bevorzuge ich die traurige Variante. Doch das kann jeder Leser für sich selbst entscheiden. Aus diesem Grund hat der Autor schließlich beide Varianten vorgesehen.



Mittwoch, 26. Juni 2013

Peter Nathschläger: Dunkle Flüsse

Dunkle Flüsse
Peter Nathschläger
Taschenbuch: 219 Seiten
Verlag: Production House GmbH 
Abteilung  Himmelstuermer;
Auflage: 1. Aufl. (9. Mai 2005)
ISBN-13: 978-3934825437


Klappentext


David Schneider wurde als Siebenjähriger von Frank Dohunan, dem Jäger und Beutemacher entführt. Er durfte sich nicht mehr David nennen, sich an nichts mehr erinnern. Dohunan zwang ihn zur Prostitution und belog ihn über seine Vergangenheit. Erst neun Jahre später schaffte David die Flucht. Es wird nicht nur eine Reise quer durch die USA, sondern auch eine entlang der dunklen Flüsse menschlicher Grausamkeit – durch eine von Menschenhand erschaffene Hölle. Diese erlebt er in einem Internat für elternlose Jungen, die durch ihre Aufseher ein grauenhaftes Martyrium erleiden. Die Flucht, seine Suche nach seinem Zuhause, führt ihn nicht nur hart an den Rand dessen, was ein Mensch ertragen kann, sondern auch in die Arme von Mark Fletcher, einem gleichaltrigen Jungen, der vom Gefährten zum Freund und zum Geliebten wird.


Frankys Kritik

Ein Buch wie ein Hammerschlag und wahrlich nichts für zart beseitete Gemüter. Mit einfacher Sprache - stellenweise ein wenig sehr bemühter Jugendslang - führt uns der Autor drastische Bilder vor Augen, die leider nicht nur der Fiktion entsprungen sind, und spart dabei nicht an Derbheit und Brutalität. Die grundsolide Geschichte mit einem breiten Spannungsbogen stößt sich allerdings an einer Reihe von Ungereimtheiten, die den Leser doch hin und wieder stutzen lassen. Das amerikanische Setting klingt stellenweise arg deutsch, gerade in den beschriebenen Details (Personennamen, Autos, Kleidung etc), weshalb doch eher ein europäisches Gefühl aufkommt. Zudem „klebt“ die Erzählung so dicht an ihren Hauptprotagonisten, dass etliche Begebenheiten schon augenfällige Zufälle darstellen. Im Gegenzug dazu bleibt die Motivation der Figuren, und deren innere Entwicklung, mehr oder weniger außen vor. Beweggründe der Hauptfiguren werden öfters nicht erläutert oder dem Leser anderweitig nähergebracht, was diesen stirnrunzelnd über die innere Logik nachdenken lässt. Sowohl das vorgezogene Finale als auch das Ende orientiert sich stark am Hollywoodkino – einmal in Slasher-Manier, das andere Mal übertrieben zuckrig. Da wäre durchaus mehr „drin“ gewesen als unterhaltsame Spannung und etwas Dramatik.



Samstag, 22. Juni 2013

Oliver Fehn: Verfluchter Sommer

Verfluchter Sommer
Oliver Fehn

Broschiert: 254 Seiten
Verlag: Dead Soft Verlag; 
Auflage: 1., Aufl. (15. Oktober 2007)
ISBN-13: 978-3934442382


Klappentext

„Wo steckt mein Bruder Bryan? Warum ist er vor Jahren als Jugendlicher von zu Hause abgehauen? Ist er noch immer der große Mädchenschwarm?“ – Diese Fragen beschäftigen den 15jährigen Bennie fortwährend, doch seine Eltern geben nur vage Auskünfte. Als sie in jenem Sommer zur Kur fahren, steigt Bennie in den nächsten Zug, um das Geheimnis um Bryan auf eigene Faust zu lösen. Doch in dem düsteren Bruderstadt, das wie ein Ghetto für Gestrandete und Kriminelle anmutet, gerät Bennie schon bald in einen Sog aus Schrecken und Gewalt. Die Suche nach Bryan führt ihn durch tausend Abenteuer, bei denen er Freundschaften knüpft, sich erbitterte Feinde macht und natürlich auch verliebt. Über Bahnhöfe, Rummelplätze und bis tief in die Abgründe führt sein Weg. Am Ende bleiben eine schmerzliche Erkenntnis, aber auch das Gefühl, zu sich selbst gefunden zu haben.


Frankys Kritik

Mehr Krimi als als Coming Out Roman, mehr Abenteuer- als Liebesgeschichte, fesselt das Buch von den ersten Seiten an. Und der Spannungsbogen hält bis in das letzte Kapitel hinein, das die Geschichte vielleicht etwas abrupt beendet. So bleiben noch einige Fragen offen, die einer Klärung bedurft hätten, was der Geschichte als Ganzes allerdings keinen Abbruch tut. Dafür sorgt vielmehr die Wankelmütigkeit des Protagonisten Bennie, der sich im Zuge seines durchbrechenden Coming Outs und nach dem plötzlichen Erkennen seiner Liebe und deren Verlust recht schnell mit anderen Liebschaften zu trösten weiß, die sich der Reihe nach die Hand zu reichen scheinen. Das nimmt der Geschichte stellenweise ein wenig die Tiefe. Zudem wirken einige der zahlreichen Wendungen der Handlung etwas konstruiert. Es sind die Zufälle hin und wieder augenscheinlich groß.

Trotz dieser kleinen Handlungsschwächen bietet „Verfluchter Sommer“ viel spannendes und unterhaltsames Lesevergnügen und zudem ein wenig fürs Herz.



Sonntag, 16. Juni 2013

Justin C. Skylark: Craig’s little Dawn

Craig’s little Dawn
J. C. Skylark

Broschiert: 235 Seiten
Verlag: dead soft verlag (2001)
ISBN-13: 978-3934442078


Klappentext

Auf der Suche nach Unabhängigkeit stößt das Heimkind Nikolas auf den Stricher Craig. Trotz der Konfrontation mit Gewalt, Drogen, Freiern und Obdachlosigkeit entschließt sich Nikolas, bei Craig zu bleiben. Zwischen den beiden entsteht eine zarte Beziehung, die sie bestärkt, gemeinsam das armselige Leben auf der Straße zu bewältigen. Doch schon nach kurzer Zeit werden sie von Craigs Vergangenheit eingeholt ...


Frankys Kritik


Eines sei gleich vorweg geschickt: Wer sich nicht mit den dunklen Ecken des Lebens beschäftigen mag, für den ist dieses Buch harte Kost. Bereits nach den ersten Seiten gerät Nikolas in einen abgrundtiefen Strudel aus Drogen, sexuellem Missbrauch und Gewalt. Erschütternd ist vor allen Dingen die Zwangsläufigkeit, in der sich die Geschehnisse ereignen und die dargestellte Auswegslosigkeit, die Abläufe zu durchbrechen. Um so stärker berührt die sich zwischen Craig und Nikolas entwickelnde Beziehung, die zu einer starken Lieben heranwächst und den wirklich einzigen Grund für beide Jungen darstellt, nicht aufzugeben und nicht am Leben zu zerbrechen. Obwohl das Leben auf der Straße und der andauernde Verkauf ihrer Körper nur mit Hilfe von Tabletten, Alkohol und Drogen zu ertragen ist, finden sie keine Möglichkeit, dem Kreislauf von Drogen und Prostitution zu entkommen. Jeder Ausweg entpuppt sich als Sackgasse oder wird durch die Umstände bereits im Keim erstickt.

Die Geschichte wird in zwei kapitelweise einander abwechselnden Zeitlinien erzählt. Die aktuellen Ereignisse verzahnen sich so mit dem Beginn der Beziehung der beiden Akteure und der Leser erfährt auf diese Weise oftmals die Auswirkungen vor ihren Ursachen, was die Wirkung weiter verstärkt. Aus der Distanz betrachtet erscheinen manche Handlungen und Geschehnisse schwer nachvollziehbar oder unlogisch. Doch wenn sich der Leser bemüht, sich in die Protagonisten hineinzuversetzen – was angesichts der oftmals drastischen Erlebnisse nicht immer leicht fällt – dann ergibt sich ein in sich geschlossenes Bild, das die Jungen langsam und unaufhaltsam auf eine Katastrophe zusteuern lässt.

Ein Buch, das sich nicht in einem "großen" Publikumsverlag finden lässt. So finde ich es immer wieder lohnenswert, auch mal in die Programme kleiner und kleinster Verlage hineinzuschnuppern. Einen kleinen Abzug gibt es für den „unsauberen“ Satzspiegel und diverse Formatierungsfehler, die den Lesefluss gelegentlich ein klein wenig stören.



Dienstag, 11. Juni 2013

Doris Lessing: Das fünfte Kind



Das fünfte Kind
Doris Lessing

Gebundene Ausgabe: 219 Seiten
Verlag: Hoffmann und Campe (März 2008)
ISBN-13: 978-3455401158


Klappentext

England in den sechziger Jahren. Harriet und David Lovatt wünschen sich nichts mehr als ein glückliches Familienleben. Als sie geheiratet und ein geräumiges Haus bezogen haben, stellen sich in rascher Folge vier Kinder ein - das Idyll ist perfekt. Doch als Harriet ein fünftes Kind auf die Welt bringt, ziehen dunkle Wolken auf: Der kleine Ben scheint alle Zuwendung abzulehnen und wird seinerseits von den meisten Menschen abgelehnt: Er wirkt wie ein bösartiger Troll und droht den Zusammenhalt in der Familie ernsthaft zu gefährden. Als die Gäste ausbleiben und auch die Geschwister beginnen, Ben ängstlich aus dem Weg zu gehen, wird der Junge in ein Heim abgeschoben. Doch Harriet holt ihren Sohn nach Hause zurück und riskiert, dass er durch seine Anwesenheit endgültig zerstört, was vom Familienidyll noch übrig ist.


Frankys Kritik

Gänzlich unvorbelastet und nur um den Klappentext wissend, machte ich mich an den Roman der Literatur-Nobelpreisträgerin 2007, Doris Lessing, der im Jahre 1988 herausgebracht wurde, und er ließ mich, zugegebenerweise, relativ ratlos zurück. Konnte ich den Klappentext mit dem Gelesenen doch so gar nicht zur Deckung bringen. Die Sprache gab sich irgendwie seltsam antiquiert und die Geschichte selbst ähnelte eher einer Inhaltsangabe oder Zusammenfassung. Gespräche in Form von wörtlicher Rede sind eine Seltenheit. Zudem ist der Text praktisch ungegliedert. Es existieren keine Kapitel sondern nur ein fortlaufender Text. Selbst Absätze bilden eine Ausnahme.

Trotzdem – oder gerade deshalb (?) – übt die Geschichte einen merkwürdigen Reiz aus, und schlägt schnell eine nicht vorhergesehene Richtung ein. Denn nicht die Geschehnisse um Ben, das fünfte Kind, stehen im Vordergrund, sondern seine Auswirkung auf Eltern, Geschwister und Außenstehende. Es ist eine Parabel über die Erwartungen an das Leben und das Zerbrechen des Idylles der bürgerlichen Familie, mitsamt ihrer historischen Strukturen.

Ein irritierendes Buch, eine Geschichte, die noch länger nachwirkt.



Dienstag, 4. Juni 2013

Michael Downing: Frühstück mit Scot

Frühstück mit Scot
Michael Downing

Broschiert: 215 Seiten
Verlag: Männerschwarm; 1. Auflage (September 2010)
ISBN-13: 978-3939542988


Klappentext

Scot lebt bei Sam und Ed, zwei Schwulen, die kaum damit gerechnet haben, sich eines Tages um ein Kind kümmern zu müssen, noch dazu um ein Kind wie Scot. Denn der zeigt Vorlieben, die eher zu einem Mädchen passen würden: Make-up, Parfüm und singende Haarbürsten. Auch wenn er sie mit seinem Verhalten oft in den Wahnsinn treibt, erkennen Sam und Ed an seinen Problemen, wie sehr sie selbst sich längst der Umgebung angepasst haben, und sie nehmen zusammen mit Scot den Kampf um die Selbstbehauptung auf.

Frühstück mit Scot, 2007 von Larie Lynd wundervoll verfilmt, ist alles andere als ein Kinderbuch. Der Autor erzählt vom scheinbar idyllischen Leben der weißen Mittelschicht in Neuengland. Nachbarn, Freunde, Lehrer, alle müssen sich in der Auseinandersetzung mit Scot bewähren.

"So klein er auch war, und so hoch die Räume waren, Scot hatte es doch geschafft, die Temperatur zum Kochen zu bringen. Das ist sein Talent, er ist ein Katalysator."


Frankys Kritik

Es gibt einfach Bücher die verbreiten gute Laune. Dieses ist so eines. Der elfjährige Scot präsentiert dem schmunzelnden Leser nicht einfach seine kleinen Marotten und Eigenheiten, nein, er lebt diese mit einer solch entwaffnenden natürlichen Selbstverständlichkeit, dass man ihn einfach liebgewinnen muss. Das geht auch den beiden Protagonisten Sam und Ed so. Aus diesem Grund entwickelt sich auch kein Kampf zwischen ihnen und dem aus der Reihe tanzenden Scot, es ist auch kein Kampf gemeinsam mit Scot gegen die Gesellschaft. Stattdessen bekommen sie von dem kleinen Jungen einen Spiegel vor das Gesicht gehalten, in dem sie sich selbst und den jeweils anderen erkennen – wiedererkennen müssen und dürfen.

Downing schreibt keine große Geschichte, keine ausufernde Dramatik. Es sind die kleinen Dingen, die aufmerksam machen, die aufhorchen lassen. Es ist dieser fast beiläufige Plauderton, in dem der Autor durch den Mund des Ich-Erzählers Ed uns an den skurrilen Episoden teilhaben lässt, der den Leser diesen Roman verschlingen lässt. Dabei wechseln amüsante Episoden, sprühender Witz, spitz formulierte Wortgefechte mit nachdenklichen, melancholischen Momenten.

Die Verfilmung (unter dem gleichen Titel, Kanada 2007, Regie Laurie Lynd) gibt sich dagegen wesentlich geradliniger, auf den Verlauf der eigentlichen Geschichte konzentriert. Amüsant sind sie sie beide, Buch wie Film, doch gerade die Nebengeschichten und beiläufigen Ereignisse, machen den eigentlichen Reiz der Geschichte aus. Ein wenig schade ist, dass sich der Roman allzu häufig in den zahlreichen Randfiguren verliert, ohne diese näher zu beleuchten und stärker mit in die Geschichte einzubeziehen. Das hätte den Roman in Gänze abgerundet. Aber man kann ja schließlich nicht alles haben.